Hintergrund

19.08.2006

Damit ruhige Stunden keine Utopie bleiben

Das Porträt: Der Böblinger Ingenieur Dr. Thorsten Breitfeld und sein Weg vom betroffenen Anwohner zum aktiven Sprecher der Bürgerinitiative Leise A 81

Von unserem Redakteur Tim Schweiker

Eigentlich will der Mann nichts als seine Ruhe. Nach getaner Arbeit auf der Terrasse sitzen, mit den beiden Töchtern Elena, sechs Jahre alt, der neunjährigen Alicia und Ehefrau Renate den sommerlichen Garten genießen. Doch im Wohngebiet Unteres Lauch, wo Dr. Thorsten Breitfeld seit sechs Jahren mit seiner Familie lebt, ist das nicht so einfach. Denn da ist die Autobahn 81, die Sindelfingen und Böblingen voneinander trennt. Noch vierspurig, in Zukunft mit sechs Spuren und vor allem: unüberhörbar.

"Das Problem mit dem Autobahn-Lärm ist mir so richtig bewusst geworden, als ich eines morgens sehr früh bei gekipptem Fenster aufgewacht bin - geweckt von der Autobahn. Das macht einen nachdenklich", sagt der 42-jährige Diplom-Ingenieur.

Lange pendelte der in Karlsruhe geborene Sohn eines amerikanischen Soldaten beruflich zwischen Deutschland und den USA, bevor ihn der Job nach Böblingen führte. Hier, im Unteren Lauch, fühlt er sich wohl: "Die Häuser aus den sechziger Jahren, die bunte Mischung von Menschen jeglicher Herkunft, das Zusammenleben von Alt und Jung. Das finde ich sehr schön und erhaltenswert. Auch deshalb engagiere ich mich für besseren Lärmschutz."

In den sechs Jahren im Unteren Lauch hat Breitfeld festgestellt: "Es wird immer schlimmer mit dem Lärm." Als die Pläne vom sechsspurigen Ausbau bekannt wurden, schrillten die Alarmglocken: "Das konnte man nicht einfach unwidersprochen hinnehmen."

Seit einem ersten Treffen betroffener Anwohner im Paladion im vergangenen Sommer, kurz nach der Planfeststellung, ist Thorsten Breitfeld einer der Aktivposten im Kampf für besseren Lärmschutz an der A 81. "Die ersten Einwände, die da formuliert wurden, waren mir nicht technisch genug. Ich habe gemerkt, dass man sich damit intensiver auseinander setzen muss." Immer öfter führte ihn seither der Weg nach Feierabend in den Keller seines Reihenhauses - an den Computer.

Nach intensiver Recherche im Internet, hatte Thorsten Breitfeld genug Material für einen eigenen, sieben Seiten langen Einwand an das Regierungspräsidium zusammen. "Dann ging alles ganz schnell", sagt Breitfeld. In der SZ/BZ erscheint ein Leserbrief von ihm, am 21. August 2005 wird die Internet-Homepage der Bürgerinitiative Leise A 81 aktiviert - konzipiert und gepflegt von Thorsten Breitfeld.

Sachlichkeit statt Polemik

Seit rund einem Jahr schreibt er fast täglich Briefe und E-Mails oder telefoniert in Sachen Lärmschutz - unterstützt von Ehefrau Renate, die als Lektorin der vielen Schriftsätze fungiert. Eine Fülle von Anhörungen, Ortsterminen, Treffen mit Kommunal- und Landespolitikern aller Couleur bestimmen seinen privaten Terminkalender.

Schnell ist der eloquente Ingenieur ein anerkannter Gesprächspartner, der spürt, dass seine Taktik aufgeht: "Ich habe gemerkt, dass es besser ist, wenn man gut vorbereitet ist und sachlich argumentiert, als wenn man immer gleich mit der Faust auf den Tisch schlägt."

Die Sachkenntnis des Ingenieurs, der sich auch beruflich mit Schwingungen und Akustik beschäftigt, macht Eindruck: "Das spürt eben auch die Gegenseite, dass da jemand sitzt, dem man nicht irgend etwas erzählen kann." Eine Gegenseite, für die Breitfeld auch durchaus Verständnis aufbringt: "Da sitzen Ingenieure, genau wie ich, die einen Auftrag haben. Und der hieß beim Regierungspräsidium: Plant was, aber so kostengünstig wie irgend möglich. Bei anderen Vorgaben wären auch die Berechnungen anders ausgefallen."

Auch wenn es gelegentlich andere, schärfere Töne aus den Reihen der Bürgerinitiative gibt, Breitfelds bestimmte, aber immer höfliche Art hat Erfolg. Vom CDU-Bundestagsabgeordneten Clemens Binninger, mit dem Breitfeld ebenso in ständigem Kontakt steht wie mit dem FDP-Bundestagsabgeordneten Florian Toncar sowie den Landtagsabgeordneten Stephan Braun (SPD) und Paul Nemeth (CDU), bekam er dafür ein dickes Lob: "Sie haben das Thema nachhaltig bei den Politikern verankert und durch ihre beharrliche aber stets sachliche Art sehr viel bewegt." So ein Satz tue gut, sagt Breitfeld, nach all den Anstrengungen.

Mit dem Kompromiss, der beim Spitzengespräch am 25. Juli ausgehandelt wurde, kann Thorsten Breitfeld gut leben, wie er sagt. "Vom Kompromiss waren einige Mitstreiter auch enttäuscht, denn aus unserer Sicht wäre nach wie vor der versprochene Deckel das Optimum. Aber es wurde sehr deutlich, dass einfach niemand bereit ist, dafür das Geld in die Hand zu nehmen."

Trotzdem stehen jetzt unter dem Strich 17 statt bislang 8,5 Millionen Euro für den Lärmschutz der Anwohner auf Sindelfinger wie Böblinger Seite der A 81 zur Verfügung und Thorsten Breitfeld ist sich sicher: "Es wird ruhiger werden, als es heute ist."

Hoffen auf schnellen Baubeginn

Beendet ist sein Engagement für die leise A 81 mit dem ausgehandelten Kompromiss noch lange nicht. Denn eines hat Thorsten Breitfeld im zurückliegenden Jahr gelernt: "Man muss immer wachsam sein. Jetzt werden wir uns die dritte Auslegung der Pläne ganz genau anschauen und genau prüfen, ob auch alles, was ausgehandelt wurde, schriftlich niedergelegt ist." Eine radargestützte Geschwindigkeitskontrolle ist ein weiteres Ziel. Mal ganz abgesehen von einem adäquaten Lärmschutz an der Querspange Ost.

Über allem steht aber eines: "Wir wollen natürlich, dass jetzt auch so schnell wie möglich an der A 81 gebaut wird." Damit die Vorfreude auf ruhige Stunden im Garten nicht länger eine Utopie bleibt. Im Unteren Lauch genauso wie auf der anderen Seite der Autobahn.

Informationen über die Arbeit der Bürgerinitiative Leise A 81 gibt es unter der Adresse www.leisea81.de im Internet.


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